Dimethylether

Baustein der weltweiten Wasserstoffwirtschaft

Eine Lösung für die Wasserstoffwirtschaft der Zukunft befindet sich möglicherweise in vielen Deodorant-Sprühflaschen. Dimethylether (DME) kommt hier schon lange als sogenanntes Treibgas zum Einsatz.

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich, der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE haben in der renommierten  Zeitschrift Energy & Environmental Science ein Papier zum Thema DME als Wasserstoffspeicher veröffentlicht. Darin bezeichnen sie den geschlossenen DME/CO2 Kreislauf als einen „bisher unterschätzten Wasserstoffspeicher“ und zeigen das Potenzial von DME für Wasserstofftransporte über sehr große Entfernungen auf. Die Wasserstofftransporttechnologie sei demnach geeignet, einen „signifikanten Einfluss auf die zukünftige weltweite Wasserstoffwirtschaft“ auszuüben.

Bekannte Eigenschaften, neue Anwendung

DME verflüssigt sich bei geringem Druck. Es ist leicht entzündlich und bildet Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2), wenn es während der sogenannten Dampfreformierung mit Hilfe von Wasserdampf reagiert. Das Verflüssigen bei geringem Druck ist relevant für die Verwendung in sprühbaren Deodorants. Unter Druck in der Flasche ist DME flüssig, wird es freigesetzt, geht es in den gasförmigen Zustand über und eignet sich deswegen als Träger für die Duft- und Wirkstoffe des Deos. DME ist damit eines der Treibgase, die das für die Ozonschicht schädliche FCKW abgelöst haben.

„Die Eigenschaften von DME sind alle bekannt“, sagt Autor Dr. Michael Alders vom Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) am Forschungszentrum Jülich. Neben dem INW war seitens des Forschungszentrums Jülich auch das Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für erneuerbare Energien (HI-ERN) an der Arbeit beteiligt.

Die Vorteile von DME nutzen

Pro Masse transportiertem DME wird deutlich mehr nutzbarer Wasserstoff freigesetzt als im Fall von Ammoniak oder Methanol. Außerdem ist DME im Gegensatz zu Ammoniak und Methanol ungiftig und deshalb einfacher zu handhaben. „Man kann das Handling von DME mit einem Gas wie Butan vergleichen, das in einer Campinggasflasche aufbewahrt werden kann“, erklärt Michael Alders.

Die benötigte Temperatur für die Wasserstofffreisetzung ist bei DME (250°C – 400°C) vergleichbar mit Methanol (250°C – 300°C) und geringer als bei Ammoniak (400°C – 600°C). Die volumetrische Energiedichte ist mit sechs Kilowattstunden pro Liter höher als bei Methanol (4,9 kWh/L) und Ammoniak (4,0 kWh/L). Auch auf das Gewicht umgerechnet enthält DME pro Kilogramm am meisten Energie, nämlich 8,7 Kilowattstunden, im Vergleich zu Methanol (6,2 kWh/kg) und Ammoniak (5,9 kWh/kg).

So kann der Kreislauf aussehen, mit dem DME zu einer Schlüsseltechnologie für die weltweite Wasserstoffwirtschaft der Zukunft wird. Copyright: Forschungszentrum Jülich/Reisen

„Zwar sind die wesentlichen Teilschritte einer auf DME basierten Wasserstoffspeicherung bekannt. Bisher sind sie aber noch nicht zu einer Wasserstoff-Speichertechnologie verknüpft worden“, sagt der INW-Gründungsdirektor Prof. Dr. Peter Wasserscheid, der zu den Autoren gehört. „Das werden wir am INW in Zusammenarbeit mit unseren Partnern vorantreiben. Das Interesse am DME-CO2-Wasserstoffspeichersystem ist in der Industrie sehr groß.“

Pfandflaschen-Prinzip

Die Autoren kommen unter anderem zu der Schlussfolgerung, dass DME gut geeignet ist, um Wasserstoff über lange Seewegstrecken zu transportieren. Beispielsweise von Südamerika oder Australien – wo es großes Potenzial für die Produktion von grünem Wasserstoff gibt – nach Europa. Denkbar sei laut Autor Sebastian Thill (INW), den Wasserstoff dann an den Nordseehäfen mittels der Dampfreformierung freizusetzen. Das zweite Spaltprodukt nach der Reaktion, CO2, kann anschließend ähnlich dem Prinzip der wiederverwertbaren Pfandflasche mit demselben Schiff zurück an die Standorte der Wasserstoffproduktion transportiert und dort erneut mit Wasserstoff beladen werden. „Wir reden über einen emissionsfreien Kreislauf, bei dem das eingesetzte CO2 vielfach zum Wasserstoff-Transport genutzt wird und nicht in die Atmosphäre gelangt“, sagt Sebastian  Thill.

INW bildet den Kern des Strukturwandelprojekts HC-H2

Das Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) des Forschungszentrums Jülich demonstriert, wie wichtig und alltagstauglich Wasserstoff als klimaneutraler Energieträgerer ist, damit weltweit auf das Verbrennen von fossilen Energieträgern verzichtet werden kann. Das INW ist der kontinuitätsstiftende Kern des Helmholtz-Clusters für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft (HC-H2). Das Cluster setzt gemeinsam mit seinen Projektpartnern klimafreundliche und wirtschaftlich relevante Technologien für die Energiewirtschaft der Zukunft um. Diese neuen Technologien sorgen als ein Gegengewicht zum Braunkohleausstieg für neue und nachhaltige Wirtschaftskraft im Rheinischen Revier.