Der Rhein-Kreis Neuss ist auf dem Weg in die Wasserstoff-Zukunft

Ein Auszug aus der Wasserstoff-Roadmap für den Rhein-Kreis Neuss zeigt das prognostizierte Potenzial für die Wasserstoff-Verfügbarkeit bis zum Jahr 2035. Grafik: RKN

In vielen Staaten und Städten, Landkreisen und Ländern lautet das Ziel, klimaneutral zu werden. Das ist im Rhein-Kreis Neuss nicht anders. Die Städte und Gemeinden Dormagen, Grevenbroich, Jüchen, Kaarst, Korschenbroich, Meerbusch, Neuss und Rommerskirchen arbeiten daran, den Ausstoß klimawirksamer Gase wie CO2 auf Null herunterfahren. Dass sie dabei auf Wasserstoff als eine der Säulen des grünen Energiesystems von morgen setzen, ist gut, aber kein Alleinstellungsmerkmal. Sehr weit vorne dabei ist der Kreis bei der Umsetzung. Jetzt hat er konkret aufgezeigt, wie der eigene Weg in die Wasserstoff-Zukunft aussehen wird: mit seiner sogenannten Wasserstoff Roadmap, die jetzt in Neuss vorgestellt wurde.

Die wichtigsten Eckpunkte: Die Erzeugung und die Nachfrage sind da. An vielen Stellen lahmt die Transformation, weil genau diese Punkte zu ungewiss sind. Der Rhein-Kreis Neuss hat mit seinen konkreten Aussichten die Chance, Vorreiter zu werden. Als erstes soll laut Roadmap die Wasserstoff-Produktion mit neu installierten Elektrolyseuren und einer Menge von rund 15.000 Tonnen pro Jahr beginnen. „Das ist bis Ende 2027 möglich“, sagte Dr. Thomas Kattenstein vom Planungsbüro DMT ENERGY ENGINEERS GmbH, das die Roadmap in den vergangenen neun Monaten in Zusammenarbeit mit dem Rhein-Kreis Neuss und dem Verein Wasserstoff Hub Rhein-Kreis Neuss/Rheinland erstellt hat.

Ammoniak-Cracker und Kernnetz

Die nächste wichtige Marke auf dem Weg in die Wasserstoff-Zukunft ist der Aufbau eines ersten Ammoniak-Crackers im Hafen Neuss bis 2030. Ammoniak wird dann per Schiff angeliefert und mit dem Cracker in seine Bestandteile Stickstoff und Wasserstoff zerlegt, sodass diese weiter genutzt werden können. Mögliche jährliche Wasserstoff-Verfügbarkeit: 60.000 Tonnen. Das dritte Standbein wird laut Thomas Kattenstein das Wasserstoff-Kernnetz sein, an das der Kreis angeschlossen wird. Ab 2035 können so 300.000 Tonnen pro Jahr angeliefert werden.

Die Verfügbarkeit ist gegeben, die potenziellen Abnehmer absehbar auch. Zwei wesentliche Hürden kann der Kreis so überwinden. Er ist der wirtschaftsstärkste Landkreis in NRW. Er beheimatet unter anderem Industrie aus den energieintensiven Bereichen Metall, Chemie und Papier, die in Zukunft darauf angewiesen sind, eine klimafreundliche Alternative zu fossilen Energieträgern und Werkstoffen zu finden.

Prof. Peter Wasserscheid bescheinigte dem Rhein-Kreis Neuss das Potenzial, eine Vorreiter-Rolle beim Thema Wasserstoff einzunhemen. Foto: Forschungszentrum Jülich/Jansen

„Wenn das nicht hier gelingt, dann ist es schwer vorzustellen, wo es sonst gelingen soll.“ Das sagte Prof. Peter Wasserscheid, der Sprecher für das Helmholtz-Instituts für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft am Forschungszentrum Jülich, bei der Vorstellung der Roadmap. Sein Satz bezieht sich auf das Rheinische Braunkohlerevier im Allgemeinen, das vor der Aufgabe steht, das alte wirtschaftliche Rückgrat Braunkohle ab 2030 mit neuen Technologien, Produkten und Arbeitsplätzen zu ersetzen. Dabei profitiert das Revier von der Expertise vor Ort, die in Industrie, Hochschulen und Forschungseinrichtungen vorhanden ist. Ganz besonders gelte das für den Rhein-Kreis Neuss, der zudem den großen Vorteil hat, in Zukunft über gleich drei Bezugsmöglichkeiten von Wasserstoff zu verfügen.

„Hier gibt es Meilensteine”

Stefanie Peters, Geschäftsführerin des Familienunternehmens Neuman & Esser und Mitglied des Nationalen Wasserstoffrats, gratulierte dem Rhein-Kreis Neuss zu den Ergebnissen der Roadmap. „Hier gibt es Meilensteine. Wir brauchen genau diese konkreten Projekte.“ Wie die anderen Rednerinnen und Redner an diesem Abend in Neuss forderte sie alle Anwesenden dazu auf, sich schon jetzt auf den Weg zu machen. „Wir müssen ins Machen kommen. Projekte für das Jahr 2030 müssen jetzt beginnen. Deswegen sollten wir nicht warten, bis das Kernnetz kommt. Wir müssen jetzt mit der Produktion beginnen.“

Stefanie Peters gratulierte zu den konkreten Inhalten der Wasserstoff-Roadmap und rief die Anwesenden zum baldigen Aufbruch auf. Foto: Forschungszentrum Jülich/Jansen